Rhetorik im Handwerk

Rhetorik im Handwerk geht weit über das bloße Sprechen hinaus; es ist eine Kunst, die effektive Kommunikation, überzeugende Verkaufsgespräche und den Aufbau starker Kundenbeziehungen umfasst. Durch die Entwicklung dieser Fähigkeiten können Handwerker nicht nur ihre Kundenzufriedenheit steigern, sondern auch ihren beruflichen Erfolg nachhaltig fördern. Präsentationstechniken und Überzeugungstechniken spielen dabei eine zentrale Rolle, ebenso wie die kontinuierliche persönliche Entwicklung in diesen Bereichen.

Wenn man den Titel unseres heutigen Blogartikels liest, fragt man sich unweigerlich, warum man sich mit so einem Quatsch wie Rhetorik beschäftigen sollte. Was ist das überhaupt? Vielleicht sieht der eine oder andere noch einen Politiker oder Monarchen aus Film und Fernsehen vor sich, der vor dem Spiegel seine Reden übt. Tatsächlich kommt man mit dieser Vorstellung einer möglichen Definition schon sehr nahe. Rhetorik ist die Kunst des Redens. Gleichzeitig ist sie aber auch eine Wissenschaft. 

Zum einen geht es um die Kunst, Menschen von einer Ansicht zu überzeugen oder zu einer Handlung zu bewegen, zum anderen um die Wissenschaft vom wirksamen Reden. Quelle Wikipedia.org

Es lohnt sich, über die eigene Sprachfähigkeit und insbesondere über die Rhetorik nachzudenken! Denn die eigene Sprachfähigkeit sorgt nicht nur für das rein informelle Verstehen des Gegenübers. Sie vermittelt auch einen persönlichen Eindruck, die Akzeptanz der Gegenseite gegenüber den eigenen Argumenten oder Vorschlägen und dient der Vertrauensbildung und damit der persönlichen Bindung.

Diese Sprachfähigkeit dient nicht nur der Verhandlung mit Auftraggebern und Lieferanten, auch gegenüber den eigenen Mitarbeitern kann eine überlegte Gesprächsführung zum Geschäftserfolg beitragen. Man wird besser verstanden, schafft Klarheit, vermeidet häufige Rückfragen und vermittelt ein Gefühl der Sicherheit.

Die Auseinandersetzung mit den Grundsätzen der Rhetorik lohnt sich vor allem dann, wenn es um einen bedeutungsvollen und wichtigen Austausch geht. Aber auch für den alltäglichen Sprachgebrauch lässt sich ein erheblicher Mehrwert generieren, wenn man sich diesen Ansatz zu eigen macht und regelmäßig anwendet.


Grundelemente der Rhetorik

Inventio (Das Sammeln von Informationen und Argumenten)

Inventio ist die erste der fünf kanonischen Phasen der Rhetorik und bezieht sich auf das Finden oder Erfinden von Argumenten, die in einer Rede oder einem Text verwendet werden sollen. Es geht darum, die relevanten Informationen, Beweise und Argumente zu identifizieren, die man verwenden kann, um seine Zuhörer oder Leser zu überzeugen. In dieser Phase ist es wichtig, sich auf das Publikum, den Zweck der Kommunikation und den Kontext zu konzentrieren, um die stärksten und überzeugendsten Argumente zu finden.

Was hier zunächst sehr trocken klingt, kann für die gesamte Kommunikation mit dem Gegenüber entscheidend sein. Habe ich wirklich eine ausreichende informelle Basis geschaffen? Habe ich auf dieser Basis die richtigen Argumente gefunden? Reichen diese aus, um mein Gegenüber zu überzeugen? Brauche ich mehr Daten, Hintergrundwissen oder den Austausch mit einem Experten? Welche meiner Argumente sind stärker zu gewichten, welche könnte mein Gegenüber als weniger schlagkräftig einschätzen? Worauf sollte ich mich im Dialog konzentrieren?

Wer sich diese Fragen stellt und die passenden Antworten findet, geht vorbereitet in ein Gespräch und schafft damit die Basis für einen erfolgreichen Austausch.

Dispositio (Anordnung)

Dispositio, die zweite der fünf kanonischen Phasen der Rhetorik, bezieht sich auf die Anordnung oder Organisation der Argumente und Informationen, die in der Phase Inventio gesammelt wurden. Diese Phase ist entscheidend, um eine klare, logische und überzeugende Struktur für die Präsentation oder das Dokument zu entwickeln. Die Dispositio stellt sicher, dass die Argumente so präsentiert werden, dass sie das Publikum am besten erreichen und überzeugen.

Im ersten Schritt haben wir ein Gerüst an Informationen geschaffen, auf dem wir unsere Argumentation aufbauen wollen. Nun geht es darum, diese sinnvoll zu gliedern und in eine für den Kunden nachvollziehbare Reihenfolge zu bringen.  

Die Reihenfolge eines solchen Gesprächsaufbaus könnte folgendermaßen aussehen: 

Einleitung (Exordium): Das Exordium, die Einleitungsphase einer Rede oder eines Textes, spielt in der Rhetorik eine entscheidende Rolle. Es dient dazu, die Aufmerksamkeit des Publikums zu gewinnen, Interesse zu wecken und eine positive Einstellung gegenüber dem Redner oder Autor und dem Thema zu fördern. Ein effektives Exordium stellt eine Verbindung zum Publikum her und bereitet es darauf vor, die nachfolgende Argumentation offen aufzunehmen.

Was wollen wir also mit dieser Einleitung erreichen? Wir wollen auf unser Gegenüber interessant und kompetent wirken. Er soll sich für das, was wir ihm sagen wollen, interessieren und sich vom Thema angesprochen fühlen.

Bedeutung einer gut durchdachten Einleitung

Die Einleitung setzt den Ton für die gesamte Präsentation oder den gesamten Text. Eine gut durchdachte Einleitung kann den Unterschied ausmachen, ob das Publikum interessiert und aufnahmebereit bleibt oder nicht. Es geht nicht nur darum, die Zuhörer oder Leser zu fesseln, sondern auch darum, Glaubwürdigkeit und eine positive Beziehung aufzubauen, die die Grundlage für die Überzeugungsarbeit in den folgenden Phasen der Rede bildet.

In der Praxis sollte das Exordium sorgfältig auf die Zielgruppe abgestimmt werden, um sicherzustellen, dass Ton, Sprache und Inhalt angemessen sind und das gewünschte Interesse und Engagement erzeugen. Darüber hinaus sollte eine positive Gesprächsatmosphäre geschaffen werden, die den Gesprächspartner für die eigenen Ideen und Gedanken öffnet, in das Thema einführt und dessen Relevanz aufzeigt. Was ich zu sagen habe, ist wichtig! Hört mir zu!

Die Werkzeuge für einen zielführenden Einstieg sind vielfältig.

  • Anekdote: Eine kurze und interessante Geschichte, die thematisch zum Hauptteil der Rede passt, kann das Interesse wecken und emotionale Verbindungen schaffen.
  • Frage: Eine rhetorische oder direkte Frage an das Publikum kann zum Nachdenken anregen und das Interesse an der Antwort, die in der Rede gegeben wird, steigern.
  • Zitat: Ein prägnantes Zitat, das zum Thema passt, kann Autorität verleihen und das Interesse des Publikums wecken.
  • Aktualität: Ein Bezug auf aktuelle Ereignisse oder Trends, die mit dem Thema zusammenhängen, kann die Relevanz der Rede unterstreichen.
  • Statistik oder überraschende Fakten: Präsentation von beeindruckenden oder überraschenden Daten kann Neugier wecken und die Wichtigkeit des Themas hervorheben.
  • Appell an Emotionen: Durch das Ansprechen der Gefühle des Publikums kann eine sofortige Verbindung hergestellt und die Basis für eine überzeugende Argumentation gelegt werden (Hineinversetzen in die Bedürfniss- und Gedankenstruktur des Gegenübers, wie z.B. Befürchtungen, Ziele, Wünsche, Erwartungen)

Darlegung des Sachverhalts (Narratio) 

Die Narratio ist ein wesentlicher Bestandteil der Struktur einer rhetorischen Komposition, die traditionell auf das Exordium (die Einleitung) folgt. Sie dient dazu, den Sachverhalt oder die Geschichte, die der Argumentation zugrunde liegt, klar und präzise darzustellen. Die Narratio soll die Zuhörer informieren und sie für den Kontext sensibilisieren, in dem die Argumente entwickelt werden. In einer Überzeugungs- oder Argumentationsrede liefert sie die notwendigen Hintergrundinformationen, damit die Zuhörer oder Leser die folgende Argumentation (Argumentatio) verstehen und beurteilen können.

Man kann sich diesen Teil unserer Gesprächsführung als den Nährboden unserer Argumente vorstellen. Hier gebe ich dem Gesprächspartner Informationen, die ihm helfen sollen, die nachfolgenden Argumente zu verstehen. Hier vermittle ich mein Fachwissen und zeige, dass ich die Materie verstehe und der Gesprächspartner hier auf jemanden gestoßen ist, der Ahnung hat. 

Wie ist die aktuelle Situation, welche Möglichkeiten gibt es, wohin geht der Trend? Hier schaffen wir die Basis, auf der meine Argumentation aufbauen soll. An dieser Stelle sollte man sich zurückhalten und eine kurze und prägnante Einschätzung des Falles geben. 

In der Praxis dient die Narratio dazu, eine solide Grundlage für die nachfolgende Argumentation zu schaffen, indem sie das notwendige Verständnis und den Rahmen für die Diskussion liefert. Ein gut strukturierter narrativer Teil erleichtert es dem Publikum, die Komplexität des Themas zu erfassen und die Stärke der nachfolgenden Argumente zu beurteilen.

Darlegen von Argumenten (Argumentatio)

Die Argumentation bildet den Kern einer Rede oder eines rhetorischen Textes. In dieser Phase werden die zentralen Argumente vorgetragen und verteidigt, um die These zu stützen und die Zuhörer zu überzeugen. Nach der Einleitung (Exordium) und der Darstellung des Sachverhalts (Narratio) ist die Argumentatio der Schritt, in dem der Redner oder Autor seine Argumentation entwickelt.

Für uns geht es hier um die Wurst. Hier möchte ich mein Gegenüber in die von mir gewünschte Richtung lenken, indem ich versuche, ihn von meinen Vorstellungen, Absichten und Zielen zu überzeugen. Dabei lege ich nicht nur meine Argumente dar, nein, ich versuche an dieser Stelle auch, mögliche Gegenargumente sofort zu entkräften, indem ich sie benenne, bevor mein Gegenüber dies tun kann. Hier kann ich zeigen, dass ich mich in meinen Gesprächspartner hineinversetzt habe, seine Gedankengänge im Vorfeld durchdacht und kalkuliert habe und eine Lösung erarbeitet habe, die diese berücksichtigt bzw. eine bessere Alternative beinhaltet. 

Ein logischer Aufbau meiner Argumente sorgt dabei für Nachvollziehbarkeit, eine Vielfalt an Argumenten (logische Argumente, Daten, Referenzen, Fallbeispiele) kann hier meiner Position ein stabiles Fundament geben. Das präventive Ausräumen von Gegenargumenten gibt hier, wie bereits beschrieben, dem Gegenüber das Gefühl, verstanden und ernst genommen zu werden.

Schlussfolgerung (Peroratio)

Die Peroratio ist die Schlussphase einer Rede oder eines Textes in der klassischen Rhetorik, die auf die Argumentatio folgt. Sie dient dazu, die Argumentation zusammenzufassen, die zentralen Punkte zu verstärken und das Publikum emotional zu bewegen, um eine überzeugende und nachhaltige Wirkung zu erzielen. Die Schlussfolgerung bietet dem Redner oder Autor eine letzte Gelegenheit, sein Publikum zu beeinflussen und zu einer bestimmten Handlung oder Überzeugung zu bewegen.

Hier fasse ich meine Argumente kurz zusammen, unterstreiche sie und versuche, Emotionen einzubauen, die bei meinem Gegenüber ankommen bzw. von ihm angenommen werden können. Also nicht nur Fakten, sondern ich zeige auch die damit verbundenen Mehrwerte auf und versuche hier Geschwindigkeit in die Sache zu bringen, indem ich auf ein schnelles Erreichen dieser positiven Aspekte hinweise. Ein starker Abschluss sollte hier dem Gegenüber keinen Raum für Gegenargumente oder Zweifel lassen.

Die Elocutio (Das Formulieren der eigenen Gedanken)

Die Elocutio, auch Ausdrucksphase genannt, befasst sich mit der Wortwahl und der stilistischen Gestaltung der Rede oder des Textes. Nachdem in den vorangegangenen Phasen das Thema gewählt (Inventio), die Argumente strukturiert (Dispositio) und der Sachverhalt anschaulich dargestellt wurde (Narratio), geht es in der Elocutio um die Art und Weise, wie etwas gesagt wird. Hier geht es darum, die Botschaft durch den gezielten Einsatz von sprachlichen Mitteln und Stilmitteln möglichst wirkungsvoll und ansprechend zu vermitteln.

Hier bemühe ich mich um Klarheit in der Gesprächsführung, um die Berücksichtigung der Persönlichkeit meines Gegenübers und um einen Kommunikationsstil, der meinen Gesprächspartner abholt und bei ihm einen positiven Eindruck hinterlässt. Dies kann ich erreichen, indem ich bildhafte Vergleiche oder Illustrationen verwende, durch Antithesen Kontraste einbaue und durch Wiederholungen die emotionale Wirkung erhöhe.

Memoria (Das Sprechen aus dem Gedächtnis heraus)

Memoria beschäftigt sich mit der Kunst des Gedächtnistrainings. Memoria umfasst Techniken und Methoden, um sich Inhalte zu merken und diese effektiv abrufen zu können.

Kurz gesagt: Ich spreche frei, brauche keine Hilfsmittel und hinterlasse bei meinem Gegenüber den Eindruck, dass ich über fundiertes Wissen verfüge, mit dem Thema sicher umgehen kann und die nötige Flexibilität besitze, auf Einwände, Fragen etc. einzugehen, um auch ohne Hilfsmittel vertiefte Informationen geben zu können.

Methoden und Techniken der Memoria

Die Praxis der Memoria beinhaltete verschiedene mnemotechnische Hilfsmittel und Übungen, darunter:

  • Loci-Methode (Ort-Methode): Eine Technik, bei der man sich eine Abfolge von Orten oder Räumen vorstellt und jedem Ort ein bestimmtes Stück Information zuordnet. Durch gedankliches Durchgehen dieser Orte kann man sich an die Information erinnern.
  • Bildliche Vorstellungen: Erstellen von lebhaften, oft übertriebenen visuellen Bildern, die mit dem zu merkenden Inhalt verbunden sind, um die Erinnerung zu erleichtern.
  • Wiederholung: Regelmäßiges Üben und Wiederholen der Rede oder ihrer Hauptpunkte, um die Merkfähigkeit zu verbessern.
  • Chunking: Das Aufteilen von Informationen in kleinere, leichter zu merkende Einheiten oder „Chunks“.

Auch wenn es heute viele Möglichkeiten gibt, auf Gedächtnisstützen zurückzugreifen, hat die Memoria ihre Bedeutung behalten. Sie erhöht das Selbstvertrauen gegenüber des Gesprächspartners, schafft Flexibilität beim Sprechen und die Fähigkeit, souverän auf die Reaktionen der anderen Gesprächsteilnehmer zu reagieren. Außerdem wirkt man kompetenter und überzeugender, hält Blickkontakt und stellt so eine direkte Verbindung zum Gesprächspartner her.

Fazit

Der Artikel sollte nicht als “Blödsinn” abgetan werden, sondern als Veranschaulichung der Möglichkeiten, sich im Dialog zu verbessern. Die Erkenntnis, sich rhetorisch weiterzuentwickeln und zu verbessern, geht einher mit dem Ziel, Geschäftsabschlüsse und informellen Austausch auf eine ganz neue Ebene zu heben. Verstanden zu werden, im Austausch flexibel zu reagieren und vorbereitet in Gespräche zu gehen, erhöht automatisch die Wahrscheinlichkeit von Abschlüssen, Vertrauensbildung und Festigung von Beziehungen zu Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern. Diese Fähigkeit zu entwickeln, sich der eigenen Defizite in der Gesprächsplanung und -führung bewusst zu werden und sich entsprechend weiterzuentwickeln, bringt einen erheblichen Mehrwert in der eigenen Unternehmensführung, aber auch im sozialen Austausch allgemein.

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